Auch aufgestaute Flüsse sind Klimasünder

Binnengewässer in Deutschland erzeugen Treibhausgase und sollten stärker in Bilanzen berücksichtigt werden.
Wissenschaftler des Instituts für Umweltwissenschaften Landau unter der Leitung von Umweltphysik-Professor Andreas Lorke haben in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und weiteren internationalen Kooperationspartnern herausgefunden, dass Flussstauhaltungen erhebliche Auswirkungen auf den Ausstoß von Treibhausgasen durch Flüsse besitzen. Dazu ermittelten sie in einer Referenzstudie an der Saar die unterschiedlichen Emissionspfade und berechneten die Höhe der Methan-Abgabe. Die Forschungsgruppe bestimmte damit die Gesamtemissionsrate und fand Gesetzmäßigkeiten heraus, die sich auf andere Gewässer übertragen lassen.

„Die an der Saar ermittelten Emissionsraten von Methan haben wir in dieser Größenordnung nicht erwartet und sie sind vergleichbar mit tropischen Stauseen“, sagt Andreas Lorke. „Messungen an anderen Flusssystemen in Europa deuten auf ähnliche Ergebnisse hin. Damit besitzen Flüsse und Stauhaltungen in der gemäßigten Klimazone einen relevanten Anteil an den globalen Emissionsraten und sollten auf jeden Fall in globalen Treibhausgasbilanzen stärker berücksichtigt werden.“

Die Messungen haben gezeigt, dass die Saar pro Tag etwa 380 Kilogramm Methan in die Atmosphäre abgibt. Der größte Teil stammt aus Gasblasen in den Stauhaltungen (54 Prozent) und aus der Ausgasung direkt hinter den Dämmen (41 Prozent). Die Diffusion über die Wasseroberfläche, also der Austausch des Gases ohne Blasen, trägt nur rund fünf Prozent zum Gesamtausstoß bei.

Nicht zu unterschätzende Emissionen

Trotz der überraschend hohen Emissionsraten ist der Ausstoß von Treibhausgasen durch Binnengewässer, verglichen mit fossilen Energieträgern, eher gering. An der Saar sind Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 32,5 Megawatt installiert. Im Vergleich zur erzeugten Energie gibt die Saar vier beziehungsweise acht Prozent der Treibhausmenge der herkömmlichen Kohle- oder Gaskraftwerke ab.

Andererseits sollten diese Emissionen nicht unterbewertet werden, denn weltweit sind mehr als 60 Prozent der großen Flusssysteme gestaut. Bereits jetzt schätzen brasilianische Forscher, dass Seen, große Stauseen und Flüsse mit 104 Millionen Tonnen jährlich für fast ein Viertel aller von Menschen verursachten Methanemissionen verantwortlich sind. Methan hat ein 25-mal höheres Erderwärmungspotenzial als Kohlenstoffdioxid.

Wie entsteht Methan in Staustufen?

Werden Flüsse aufgestaut, reduziert sich die Fließgeschwindigkeit und es kommt zu einer Ablagerung von mitgeführten Stoffen am Gewässerboden. Dazu zählen Kies und Sand genauso wie organisches Material von Lebewesen. Letzteres wird durch Bakterien und andere Mikroorganismen abgebaut. Jedoch ist dadurch der Sauerstoff bereits in einigen Millimetern Tiefe im Sediment aufgebraucht. Weiter unten dominieren anaerobe, also ohne Sauerstoff stattfindende Abbauprozesse, die unter anderem das Treibhausgas Methan erzeugen. „Neben der Abschätzung der Methanemissionen ist es daher zukünftig auch wichtig, die Quellen des organischen Materials zu ermitteln“, sagt Dr. Helmut Fischer von der Bundesanstalt für Gewässerkunde.

Reichert sich Methan im Sediment an, können Gasblasen entstehen. Wann und wo diese an die Wasseroberfläche aufsteigen, ist sehr unterschiedlich und daher aufwendig zu messen. Zumeist steigen die Blasen auf, wenn sich der Umgebungsdruck verringert, etwa durch einen niedrigeren Wasserspiegel oder Luftdruck sowie stärkere Wellen. Zusätzliche Emissionen entstehen unmittelbar an den Stauanlagen: Wasser, das durch Turbinen und Schleusen oder über Wehre fließt, wird erheblich verwirbelt und hat eine stark vergrößerte Kontaktfläche zur Luft. Die Austauschgeschwindigkeit der Gase ist deshalb höher als in langsam fließenden Abschnitten. Dies sorgt dafür, dass Methan an den Stauwerken verstärkt an die Atmosphäre abgegeben wird.

Quelle: Universität Koblenz-Landau