Der Einsatz von Antibiotika in Humanmedizin und Tierhaltung steigt noch immer an

„Global steigt der Einsatz von Antibiotika in Humanmedizin und Tierhaltung noch immer. Dies verstärkt die Gefahr der Entstehung von Bakterien mit übertragbaren Resistenzen gegen diese Wirkstoffe nicht nur in Krankenhäusern und Tierställen, sondern auch in der Umwelt“, so ein Fazit der EDAR-3 Tagung „The Environmental Dimension of Antibiotic Resistance“

Bekannt ist, dass ein wiederholter Einsatz von Antibiotika zu Resistenzen führen kann. Auch, dass Menschen und Tiere Antibiotika zum großen Teil wieder ausscheiden, die zusammen mit bereits antibiotikaresistenten Bakterien über Abwasser und Gülle in die Umwelt gelangen können, ist gut dokumentiert. Die Fähigkeiten von Bakteriengemeinschaften, sich an den Selektionsdruck durch Antibiotika anzupassen, werden derzeit intensiv erforscht. So spielen Prozesse, die unter dem Begriff „Horizontaler Gentransfer“ zusammengefasst werden, eine wichtige Rolle: Bakterien tragen mobile genetische Elemente, z. B. sogenannte Plasmide, mit denen sie genetische Informationen untereinander austauschen können. Diese mobilen Elemente können nicht nur ein Gen tragen, das zum Beispiel die Resistenz gegen ein bestimmtes Antibiotikum vermittelt, sondern auch gleichzeitig weitere Gene, die die Bakterien beispielsweise gegen andere Antibiotika, Desinfektionsmittel oder Metallverbindungen resistent machen. Dies führt zu Problemen, die als Ko-Selektion bezeichnet werden. Mehrere Experten referierten, dass Antibiotika, die vor allem in der Tierhaltung genutzt werden, bei Bakterien auch Resistenzen gegen andere Antibiotika „ko-selektieren“ können, die für die Humantherapie von Bedeutung sind.

Welche Antibiotika in verschiedenen Umweltbereichen, z. B. im Boden, auftreten und wie sie persistieren, wird wesentlich von ihrer chemischen Struktur bestimmt. So werden an die Bodenmatrix gebundene Antibiotika aus der Gruppe der Sulfonamide in kleinen Mengen über mehrere Monate freigesetzt. Zudem gibt es einen Zusammenhang zwischen der Antibiotika-Konzentration im Boden und dem gehäuften Auftreten von Resistenzgenen und mobilen genetischen Elementen.

Kläranlagen und Güllelager sind ohne Zweifel „hot spots“ der bakteriellen Evolution. Hier kommen hohe Bakterienkonzentrationen, ein breites Spektrum an Nährstoffen für Bakterien, verschiedene Antibiotika, aber auch Desinfektionsmittel oder Metallverbindungen zusammen. Dies begünstigt genetische Veränderungen in den Mikroorganismen. Bereits sehr geringe Konzentrationen von Antibiotika in der Umwelt können beachtliche Effekte auf Bakteriengemeinschaften haben.
Immer wieder wurden bei den Tagungsbeiträgen die enge Vernetzung unterschiedlicher Lebensräume (Agrar- und aquatische Ökosysteme) sowie die globale Dimension des Themas deutlich. Viele der präsentierten Daten weisen darauf hin, dass es verschiedene Übertragungswege zwischen Landwirtschaft und Humanmedizin gibt.

Alle die Pflanze besiedelnden Mikroorganismen, die auch als Mikrobiom bezeichnet werden, sind durch den Boden und damit auch durch die Nutzung von organischem Dünger (z. B. Gülle) und Beregnungswasser mit der Gesamtheit der Antibiotikaresistenz-vermittelnden Gene (Resistom) verknüpft. Der Nachweis wurde am Beispiel von Gemüsekulturen wie Tomate, Rettich, Möhre und Salat erbracht. Trotz aller Fortschritte im Verständnis, warum sich Bakterien bei Selektionsdruck, z. B. durch ein Antibiotikum, genetisch so schnell anpassen können, bleiben doch noch viele Fragen offen. „Vor allem müssen wir die biotischen und abiotischen Faktoren, die die Häufigkeit und Übertragbarkeit von Antibiotikaresistenzgenen beeinflussen, weiter erforschen“, so Professor Smallas Fazit.

Quelle: Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen