Für Honig mit Pollen aus gentechnisch veränderten Pflanzen ist in Zukunft eine Zulassung erforderlich

Honig, der den Pollen eines gentechnisch veränderten Organismus (GVO) enthält, bedarf der Zulassung, da es sich hierbei um ein Lebensmittel handelt, das "aus einem GVO (gentechnisch veränderten Organismus) hergestellt" wurde. Das ist die Kernaussage eines heute vom Europäischen Gerichtshof gefällten Urteils. Es stellt damit die bisherige Rechtspraxis in Frage und dürfte weitreichende Konsequenzen haben. So könnte es zu einem faktischen Importverbot von Honig aus Staaten kommen, in denen der Anbau von gv-Pflanzen weiter verbreitet ist als in der EU.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied, dass es sich bei Pollen einer gv-Pflanze in Honig zwar nicht mehr um einen gentechnisch veränderten Organismus (GVO) handelt, da er nicht mehr vermehrungsfähig ist. Honig, der solche Pollen enthalte, sei aber ein "aus GVO hergestelltes" Lebensmittel. Dabei sei unerheblich, ob der Pollen dem Honig absichtlich beigegeben oder zufällig eingetragen wurde. Damit widerspricht der EuGH der bisherigen Rechtspraxis, nach der Pollen als natürlicher Bestandteil des Honigs angesehen wird. Pollen sei kein "Fremdstoff" oder eine "Verunreinigung", sondern ein normaler Bestandteil dieses Produktes und deshalb als "Zutat" einzustufen.

Der EuGH folgt mit seinem Urteil dem Schlussantrag des Generalanwaltes Yves Bot, der bereits im Februar veröffentlicht wurde.

Die Bewertung von Pollen als Zutat könnte erhebliche Konsequenzen haben. Honig mit gv-Pollen fällt damit unter die Verordnung 1829/2003, die die Zulassung und Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel regelt. Honig ist demnach nur verkehrsfähig, wenn der entsprechende GVO dafür zugelassen ist. In diesem Fall darf der Anteil des gv-Pollens höchstens 0,9 Prozent des insgesamt im Honig enthaltenen Pollens betragen, ansonsten müsste er gekennzeichnet werden.

Für alle nicht zugelassenen GVO gilt die "Nulltoleranz": Der Honig darf nicht vermarktet werden. Damit dürften einige Importhonige aus Kanada oder Argentinien aus den Verkaufsregalen verschwinden. Auch für Pollen aus Bt-Mais MON810 gilt die Nulltoleranz bis die laufende Neuzulassung abgeschlossen ist.

Weitreichende Folgen könnte diese Entscheidung auch für Freisetzungen zu Forschungszwecken mit gentechnisch veränderten Pflanzen haben. Sollte die theoretische Möglichkeit, dass einzelne gv-Pollenkörner in Honig gelangen könnten, ausreichen, um die beteiligten Wissenschaftler dafür haftbar zu machen, sind Freilandversuche kaum noch möglich.

Der Weg durch die Instanzen bis zum heutigen EuGH-Urteil begann vor vier Jahren. Ein Imker hatte den Freistaat Bayern auf Schadenersatz verklagt, weil in seinem Honig Pollen des gentechnisch veränderten Maises MON810 nachweisbar war. Der Pollen stammte von einem 500 Meter von seinen Bienenstöcken entfernten Versuchsfeld. Der Imker vernichtete seine Honigernte als nicht verkehrsfähig und zog vor Gericht.

Das Verwaltungsgericht Augsburg schloss sich der Auffassung des Imkers an, dass Honig, der Pollen von MON810 enthält, als nicht verkehrsfähig einzustufen sei, und verpflichtete die Betreiber des Versuchsfeldes, den gv-Mais vor der Blüte zu ernten oder die Blütenfahnen mehrfach zu entfernen. Dieses Urteil wurde einen Monat später vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof per Eilverfahren wieder aufgehoben. Dabei konnten jedoch einige offene Fragen nicht geklärt werden, die die rechtliche Bewertung von gv-Pollen im Honig betreffen. Über diese Fragen entschied jetzt der Europäische Gerichtshof.

Quelle: transgen.de