Milchsäurebakterien gegen Kariesbakterium

Wenn sich das Kariesbakterium Streptococcus mutans an Zähne heftet, kann es für den Zahnschmelz gefährlich werden. Nun haben Forscher von BASF gemeinsam mit Kollegen des Biotech-Unternehmens Organobalance einen Weg gefunden, das zu verhindern. Hilfe dabei leistet ein Rezeptor aus Milchsäurebakterien.

Karius und Baktus, die fleißigen Häuslebauer aus den Lehrfilmen und Büchern für putzfaule Kindergartenkinder, kann man mit der Zahnbürste vertreiben. Das, wofür sie stehen, ist hingegen omnipräsent: Das Kariesbakterium Streptococcus mutans hat fast jeder Mensch in unterschiedlicher Konzentration im Speichel. Der Leitkeim des Karies bildet aus Zucker polymere Strukturen (Glukanpolymere), mit deren Hilfe er sich an den Zahnschmelz anheftet. Dort fermentiert er Kohlenhydrate zu Milchsäure (Laktat), die den Zahnschmelz zersetzt.

Nun haben der Chemiekonzern BASF und das Berliner Biotech-Unternehmen OrganoBalance zusammen mit dem University of Conneticut Health Center eine Möglichkeit gefunden, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben: Sie haben einen Wirkstoff entdeckt, der das Anheften der Kariesbakterien verhindert. Und dieser Stoff basiert – Ironie der Zahnmedizin – auf eben jenem Milchsäurebakterium (Lactobacillus paracasei), das üblicherweise den Zahnschmelz zerlegt. Unter der Dachmarke "pro-t-action" wurde ein Mundhygiene-Produktkandidat nun auf der Jahreskonferenz der International Association of Dental Research in Miami, USA, vorgestellt.

Tausende von Bakterienstämmen

„Natürlich handelt es sich nicht um lebende Milchsäurebakterien“, stellt Caterina Holz, Forschungsleiterin bei Organobalance, klar. „Wir haben das Bakterium abgetötet.“ So hat es keinen eigenen Stoffwechsel mehr, der dem Zahnschmelz gefährlich werden könnte. Dafür aber einen Rezeptor, der Streptococcus mutans erkennt und bindet. So verklumpt, kann sich das Bakterium nicht mehr an die Zähne anheften. Es bildet sozusagen Krümel im Mund, die dann mit dem Speichel heruntergeschluckt oder beim Zähneputzen weggespült werden. Bei Versuchen mit Ratten zeigte sich, dass das Kariesrisiko so um bis zu vierzig Prozent gesenkt werden kann.

Um diese Methode zu finden, haben die Wissenschaftler bei Organobalance Tausende von Bakterienstämmen auf ihre Eigenschaften getestet, erzählt Holz: „Wir haben eine große Datenbank an Bakterienstämmen, die wir nach bestimmten Eigenschaften durchsuchen.“ In diesem Fall waren es Keime, die verstärkt binden.

2010 im Supermarkt?

Wie genau diese Bindung zwischen Streptococcus mutans und den abgetöteten Milchsäurebakterien funktioniert, ist noch nicht endgültig erforscht. Holz glaubt, dass es sich dabei um „typische Wechselwirkungen“ zwischen Glykoproteinen in den Zellwänden handelt. „Die Bindekomponente ist hitzeresistent, deshalb ist es vermutlich kein Eiweiß“, meint sie. Deshalb glauben die Forscher, dass es sich um eine Zuckerbindung handelt. Aber: „So ganz genau wissen wirs auch nicht“, räumt Holz ein.

Putzfaule und Menschen, die natürlicherweise eine hohe Konzentration von Kariesbakterien im Speichel haben, müssen sich allerdings noch etwas gedulden, bis sie den Wirkstoff in pasteurisierter und sprühgetrockneter Form als Pulver oder Paste im Drogeriemarkt vorfinden. Holz rechnet damit, dass die Forschung frühestens 2010 an einen Hersteller weiter gegeben wird.

Quelle: Biotechnologie.de